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Forschungsschwerpunkte der Agrar- und Ernährungswissenschaftlichen Fakultät
Die Agrar- und Ernährungswissenschaften sind Wissenschaften von besonderer gesellschaftlicher Bedeutung. Ihr Forschungsgegenstand sind die elementaren Lebensgrundlagen des Menschen. Die Probleme, mit denen sich die Agrar- und Ernährungsforschung (A&E-Forschung) befasst, sind im Kontext des globalen Bevölkerungswachstums, des Klimawandels, der Globalisierung und Liberalisierung des Welthandels, der EU-Osterweiterung sowie sich wandelnder gesellschaftlicher Anforderungen zu sehen. Konzentrierte sich die A&E-Forschung bis weit in das 20. Jahrhundert hinein auf die Steigerung der Produktivität landwirtschaftlicher Produktionsprozesse und die Verbesserung der Welternährung, so dient sie heute insbesondere unter Einbeziehung der Ernährungsforschung der Befriedigung eines komplexen gesellschaftlichen Zielbündels, das neben der Ernährungssicherung die Schonung der Umwelt und der natürlichen Ressourcen, den Tierschutz, die Qualität von Nahrungsmitteln und Rohstoffen sowie gesundheitliche Aspekte umfasst. Dieser Paradigmenwechsel, der seine Reflexion in einer veränderten A&E-Forschungsprofilierung findet, wird häufig unter den Begriffen „Multifunktionalität der Landwirtschaft“ und „gesundheitlicher Verbraucherschutz" subsumiert.
Die Kieler Agrar- und Ernährungswissenschaftler sind der Überzeugung, dass die A&E-Forschung ihrer besonderen gesellschaftlichen Verantwortung nur gerecht werden kann, wenn sie als problem- und systemorientierte Handlungswissenschaft verstanden und betrieben wird. Die Lösung komplexer Probleme erfordert eine ganzheitliche Betrachtungsweise und einen systemorientierten, multidisziplinären Forschungsansatz. Gute A&E-Forschung greift die Probleme der Praxis auf und führt sie im interdisziplinären Verbund einer Lösung zu, ohne bei Partiallösungen stehen zu bleiben.

weiterlesen...Die Agrar- und Ernährungswissenschaftliche Fakultät der CAU ist diesen veränderten Anforderungen gut gewachsen. Die Fakultät zeichnet sich dadurch aus, dass die gesamte Prozesskette von der Primärproduktion und den damit verbundenen Umweltwirkungen bis zur Bereitstellung hochwertiger Nahrungsmittel und darüber hinaus der Verbrauch von Nahrungsmitteln und ihre gesundheitlichen Wirkungen wissenschaftlich bearbeitet werden („food chain analysis“). Durch die strukturelle Einheit von Agrar-, Ernährungs- und Umweltwissenschaftlern unter dem Dach einer Fakultät ist das gesamte Spektrum relevanter wissenschaftlicher Fragestellungen mit entsprechender, oft multidisziplinärer, Fachkompetenz besetzt. Dennoch können angesichts knapper finanzieller Ressourcen nicht alle Bereiche mit wünschenswerter Intensität bearbeitet werden.
Die Schwerpunkte der Fakultät liegen in den Bereichen Landwirtschaft und Umwelt, Agrarökonomie und Agribusiness, Ernährung und Gesundheit sowie Biotechnologie und Molekularbiologie, wobei es in der jüngeren Vergangenheit Schwerpunktverschiebungen gegeben hat. Das innovative Potential der Fakultät wird neben der bisher vorgenommenen Umwidmung bzw. Neuausrichtung von Professuren vor allem im Bereich der angewandten Biowissenschaften deutlich. Innerhalb eines Jahres (2004) wurden in diesem Bereich zwei neue Professuren eingerichtet: Neben der Einrichtung einer C3-Professur für Molekulare Ernährung ist der Fakultät aus Mitteln des Innovationsfonds des Landes Schleswig-Holstein eine neue Professur mit Ausstattung im Bereich der „Molekularen Phytopathologie“ zugesprochen worden. Dieser Innovationsprozess geht einher mit Einsparungen in den klassischen Bereichen der Agrarwissenschaften.Die Forschungsstrategie der Agrar- und Ernährungswissenschaftlichen Fakultät zeichnet sich neben ihrem disziplinenübergreifenden Ansatz durch ein ausgewogenes Verhältnis von Grundlagenforschung und Anwendungsforschung aus. Das Spektrum reicht hier von elementaren Forschungsarbeiten im Bereich der Genomanalyse über methodenorientierte Forschung bis hin zur problemorientierten Forschung mit deutlichem Praxisbezug. Ein Kennzeichen der Kieler A&E-Forschung ist, dass sie ihre Grundlagenerkenntnisse zu konkreten Problemlösungen weiterentwickelt. Diese Forschungsstrategie impliziert das Streben nach Publikationen in hochrangigen wissenschaftlichen Zeitschriften einerseits und den Innovationstransfer in die Praxis andererseits. Beides sind vorrangige Ziele der Fakultät, und es wird bei der Besetzung von Professuren darauf zu achten sein, dass ein ausgewogenes Verhältnis zwischen beiden Zielen bzw. Forschungsbereichen beibehalten wird. Die anwendungsorientierte Forschung hat ganz erheblich zum hervorragenden Renommee der Fakultät als Partner von Wirtschaft, Politik und Verwaltung beigetragen und die Fakultät fest im Gefüge der Institutionen des Landes und weit darüber hinaus verankert. Diese Funktion wird nachgefragt und wird auch weiterhin ein wichtiges Standbein bilden.
Im Hinblick auf die Qualität der grundlagenorientierten Forschung an der Fakultät sei zu allererst auf die Verleihung des Leibniz-Preises der DFG an Herrn Professor Christian Jung aus dem Institut für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung verwiesen. Der mit 1,55 Millionen Euro dotierte Preis ist der höchstdotierte deutschen Förderpreis für Forschungsarbeiten. Prof. Jung ist damit einer von zehn Wissenschaftlern, die in diesem Jahr (2005) vom Nominierungsausschuss aus 130 Vorschlägen ausgewählt wurden. Weiterhin sei auf das letzte DFG-Ranking verwiesen, welches die Kieler A&E-Fakultät beim Parameter Drittmittel je Professur als zweitstärkste A&E Forschungseinrichtung nach der JLU Gießen in Deutschland ausweist. Darüber hinaus hat die Fakultät je Professur das bei weitem höchste Drittmittelaufkommen aller Fakultäten der CAU. Zur Wahrung dieser guten Reputation im Bereich der Grundlagenforschung werden die Mitgleider der Fakultät auch in Zukunft eng mit den jeweils relevanten Nachbardisziplinen zusammenarbeiten – im Hause der CAU wie auch außerhalb. Ein strategisches Ziel ist die Etablierung institutionalisierter PhD-Programme neben den in verschiedenen Bereichen etablierten temporären Graduiertenkollegs, um den wissenschaftlichen Nachwuchs – und damit die deutsche A&E-Forschung – auf einem international wettbewerbsfähigen Niveau zu halten. Erste Schritte in diese Richtung sind von den Agrarökonomen im Rahmen einer überörtlichen Kooperation bereits eingeleitet worden.
Ebenso befindet sich ein PhD-Programm im Rahmen des in Gründung befindlichen Zentrums für molekulare Biowissenschaften ZMB) gemeinsam mit der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen und Medizinischen Fakultät im Aufbau.