Glasfaser im Kuhstall

Die Kühe auf dem Versuchsbetrieb Karkendamm haben den neu gebauten Stall bezogen.

Für die breit gefächerten Versuchstätigkeiten der Agrar- und Ernährungswissenschaftlichen Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) steht nun der neue Liegeboxenlaufstall zur Verfügung. Er bietet 252 Kühen auf circa 3000 m² Fläche viel Platz und besteht aus vier identischen Gruppenabteilen. Forschungsteams bearbeiten dort zukünftig Fragestellungen zu Tierhaltung, Tierwohl, Züchtung und Ernährung von Milchkühen und stellen ihre Ergebnisse für die Praxis bereit. Die Baukosten für die hochmoderne Anlage von rund 1,4 Millionen Euro wurden durch eigene Mittel des Versuchshofs sowie durch CAU-Mittel finanziert. Baubeginn war im April 2019.

Stallansicht von Außen
© Doreen Saggau

Auf dem rund 250 Hektor großen Versuchsbetrieb Karkendamm werden über 200 Kühe gehalten.

Liegeboxen, Licht und Regenschutz

Stallbegehung
© Doreen Saggau

In enger Zusammenarbeit organisierten Dr. Wolfgang Junge, Professor Georg Thaller und Betriebsleiter Jens Matthiesen den Stallbau (von links).

Jedes der vier Abteile mit je 63 Kühen besteht aus zwei Laufgängen. Eine Reihe steht den Milchkühen zum Laufen und Fressen zur Verfügung, die andere zum Liegen in Liegeboxen. Durch eine 3-Wege Selektion kommen die Kühe nach dem Melken zurück in die richtige Gruppe. Die Zuordnung erfolgt durch einen Transponder am Bein. Die Außenwände sind mit sogenannten „Curtains“ ausgestattet. Das sind automatisch gesteuerte Vorhänge, die als mobile Wände dienen. Ein Regensensor sorgt dafür, dass die Wände bei Regen automatisch schließen, damit die Liegeboxen nicht feucht werden. Zusätzlich bringen Lichtplatten im Dach viel Helligkeit in den Stall. Dr. Wolfgang Junge, zuständig für die wissenschaftlichen Versuche auf dem 250 Hektar großen Versuchsbetrieb, ist sehr zufrieden mit dem Neubau: „Im Moment sieht alles gut aus. Die Kuhbürste stand nicht still am ersten Tag und nach zwei Stunden machten es sich die ersten Kühe schon in den Liegeboxen bequem. Die Planung und Durchführung der Bauarbeiten verlief zügig und reibungslos, dafür danken wir den Architekten und den Baufirmen. Außerdem danken wir allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Versuchsbetriebes Karkendamm für ihr sehr hohes Engagement.“ Georg Thaller, Professor für Tierzucht an der CAU, betonte die sehr gute Unterstützung durch den Betriebsleiter Jens Matthiesen und Dr. Wolfgang Junge und bedankte sich ausdrücklich für die finanzielle Unterstützung durch das Präsidium der CAU. „So ein Stallbau ist nur mit einem außerordentlich guten Team machbar. Ich bin ja Tierzüchter und kein Stallbauer. Ohne Herrn Matthiesen und Herrn Junge wäre es nicht möglich gewesen,“ sagte er bei der gemeinsamen Stallbesichtigung.

Eine hochmoderne Anlage

Das Besondere – und bislang in Deutschland einzigartige – ist das automatisierte Güllesystem, das die getrennte Erfassung der Güllemengen für jede Gruppe ermöglicht. Dabei wird der Güllestand in den Gruben über Füllstandssensoren mit Radar gemessen und durch eine hydraulische Hubkolbenpumpe abgepumpt. Ein Durchflussmessgerät hinter der Pumpe ermittelt die Mengen (in Kubikmeter) an geförderter Gülle aus der jeweiligen Gruppe. Mithilfe des Messsystems können Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler den Nährstofffluss vom Futter durch die Milchkuh bis hin zum Produkt Milch und der ausgeschiedenen Güllemenge für jede Gruppe berechnen. Die entsprechenden Milch- und Futtermengen erhalten sie aus den Daten des Futtermischwagens und der Milchmengenmessung. Durch wöchentliche Probenentnahmen werden die Nährstoffe in der Gülle erfasst. In Zukunft soll dies automatisch über einen Nahinfrarotsensor erfolgen. Der Glasfaseranschluss im Stall ermöglicht es, Messdaten schnell zu übermitteln und Anlagen zu warten. Bewegungsdaten der Kühe, die über Transponder an den Fußgelenken erfasst werden, stehen sofort zur Verfügung, auch wenn die Forscherinnen und Forscher nicht vor Ort sind.

Kuh wird gebürstet
© Doreen Saggau

Die Kuhbürste wurde sehr gut angenommen.

Laufende und geplante Versuche auf Karkendamm

Gummiboden im Stall
© Doreen Saggau

Der Gummibelag ist tierfreundlicher und verringert Ammoniakemissionen.

In drei der vier Abteilen ist ein emissionsmindernder Gummibelag mit Längsrillen verlegt, ein Abteil ist mit Betonlaufflächen versehen. Der Gummibelag ist sehr trittsicher für die Kühe und leitet den abgesetzten Harn in den Rillen ab, so dass Kot und Harn nicht zu stark vermischt werden. Dadurch wird die Freisetzung von Ammoniak gemindert. Außerdem sorgen die Rillen im Bodenbelag dafür, dass die Klauen der Kühe sauberer und trockener bleiben. Ein Vergleich der Bodenbeläge hinsichtlich Klauengesundheit und Laufverhalten ist bereits angelaufen.

Neben der Untersuchung der Klauengesundheit ist auch ein Fütterungsversuch mit Sojabohnen geplant. Seit drei Jahren werden die Kühe mit einheimischen Sojabohnen gefüttert, die ebenfalls auf Karkendamm angebaut werden. In dem Versuch wird die Fütterung mit unbehandeltem Soja, mit Thermodruckverfahren behandeltem Soja und Raps verglichen. Darüber hinaus wird ein Indoor GPS mit Kamerasystem installiert, um automatisch zu ermitteln, wie die Kühe interagieren und welche sozialen Interaktionen oder Verhaltensmuster sie zeigen. Ein Schwerpunkt wird weiterhin die Erhebung individueller Futteraufnahmedaten sein, um Gesundheits- sowie Effizienzmerkmale züchterisch zu bearbeiten. Für die Futtermessanlage wird derzeit ein Großgeräteantrag bei der DFG eingereicht. Im Weiteren sollen im Rahmen eines Horizon2020-Projekts die Bedeutung und Zusammenhänge des Pansenmikrobioms mit dem Tier untersucht werden.

Kontakt:

Dr. Wolfgang Junge und Prof. Dr. Georg Thaller
Institut für Tierzucht und Tierhaltung
Hermann-Rodewald-Straße 6
0431/880-2589
wjunge@tierzucht.uni-kiel.de

Dr. Doreen Saggau
Öffentlichkeitsarbeit & wissenschaftliche Kommunikation, Agrar- und Ernährungswissenschaftliche Fakultät